Nichts dagegen ...
Veränderungsenergie statt Blockadehaltung
Es gibt Tage, da ist es zum Verzweifeln: „Mann, das nervt! Aber die Idioten raffen auch nicht, wann Schluss ist. Da muss man einfach etwas tun und sie aufhalten. Die müssen doch kapieren, dass sie im Unrecht sind!“ So oder so ähnlich kocht es fast täglich in uns allen hoch, angesichts der vielen „Reizthemen“ um uns herum. Auch mir geht es manchmal so. Ob Klima, Politik oder Gesellschaft - bestimmte Themen haben das Potenzial, mich binnen kürzester Zeit auf die Palme zu bringen. Innerhalb von Sekunden entsteht der innere Drang, den „Uneinsichtigen“ mal so richtig die Meinung zu geigen. Und zwar auf der Stelle!
Inspirieren statt belehren
Ruhig bleiben! Nach zwei, drei tiefen Atemzügen ist der erste Ärger etwas verflogen und ich kann mich meist wieder selbst reflektieren. Dabei werde ich dann manchmal auch ein bisschen wütend auf mich: Ständig hadere ich mit Dingen, die ich nicht ändern kann oder erliege gar der Versuchung, andere belehren zu wollen. Dabei will ich das eigentlich gar nicht. Ich will nicht mit erhobenem Zeigefinger dastehen. Ich will inspirieren, zum Nachdenken anregen.
von Dirk Stegner
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Ein altbekanntes Paradoxon
Schnell wird mir klar, dass es wieder auf das alte Paradox hinausläuft: Du kannst nicht gegen etwas sein, denn das, wogegen du dich wendest, bleibt bestehen. Plötzlich erinnere ich mich wieder an die Weisheit der indianischen und asiatischen Lehrmeister, die nie müde wurden, darauf hinzuweisen, dass es einen großen Unterschied macht, ob ich für meine Werte und Ziele eintrete oder ob ich gegen meine Feinde in den Krieg ziehe. Es mag sein, dass oberflächlich betrachtet das Ereignis der Konfrontation ähnlich erscheint. Die Realität sieht jedoch anders aus.
Wer sich gegen etwas oder jemanden positioniert, fokussiert sich auf ein bestimmtes Feindbild, das es unbedingt zu besiegen oder gar auszuschalten gilt. Das ist kein konstruktives Ansinnen und es liegt auch nichts Kreatives in dieser Absicht. Ganz zu schweigen davon, dass selbst unter dem Gesichtspunkt des Energieerhaltungssatzes („fremde“) Energie nicht einfach vernichtet werden kann. Sie kann bestenfalls transformiert, d.h., in einen anderen Zustand überführt werden.
Der kleine, aber wichtige Unterschied
Wer sich für etwas einsetzt, hat dagegen eine klare Ausrichtung auf sich und sein Ziel. Es ist ein schöpferischer Akt, denn er will etwas schaffen und nichts ab-schaffen. Die Verteidigung ist nicht auf ein bestimmtes Feindbild ausgerichtet und die Veränderungsmöglichkeiten liegen im eigenen Einflussbereich. Auch bei äußeren Bedrohungen kann immer abgewogen werden, ob eine gewaltsame Auseinandersetzung sinnvoll ist oder ob es nicht andere Wege zu einer friedlichen Lösung gibt.
So subtil der Unterschied erscheinen mag, so gewaltig sind seine Auswirkungen. Im „Dagegensein“ setze ich Energie ein, um andere zu beeinflussen, und spiele damit im Grunde über Bande. Nicht ich muss mich ändern, sondern die Anderen! Dumm nur, dass die meist genauso denken.
Im „Dafürsein“ hingegen setze ich Energie ein, um mich und meine Perspektiven zu verändern. Ich versuche, die Dinge mit anderen Augen zu sehen, neue weniger verhärtete Positionen einzunehmen, von denen aus Veränderung tatsächlich möglich erscheint. Genau dorthin fließt die Energie und kann sich von dort aus neue Wege suchen. Ziele, die vorher noch unmöglich erschienen, werden auf diese Weise erreichbar. Und wie das Lachen ist auch der Veränderungsprozess vielleicht manchmal nicht erwünscht, aber dennoch höchst ansteckend! Getreu dem Motto: „Alle sagten: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste es nicht und hat es einfach gemacht“.
Warum die Natur kein „Dagegen-Konzept“ kennt
Es gibt sogar noch mehr handfeste Indizien dafür, dass die Natur das „Gegen-etwas-sein“ schlichtweg nicht vorgesehen hat. Mehr über die Hintergründe dieses und anderer Natur- und Lernkonzepte gibts in meinem Buch „Weisheit zwischen Wald und Wiese“.
Viel Spaß beim Lesen.