Ich mach mir die Welt ...
Kindlich leichter Ansatz mit Erfolgspotenzial
Lachen ist bekanntlich sehr ansteckend, schlechte Laune aber leider auch. Bedauerlicherweise sind gefühlt immer mehr Menschen meiner Heimatstadt in einem Zustand der ständigen Unzufriedenheit und Gereiztheit. Eine kurze Fahrt mit dem Auto durch die Innenstadt bestätigt meinen Eindruck, dass das respektvolle Miteinander im Straßenverkehr die letzten Jahre purem Egoismus gewichen zu sein scheint. Spätestens bei der Parkplatzsuche verflüchtigen sich bei einigen dann selbst die letzten Verkehrs- und Benimmregeln. Aber auch beim Einkaufen läuft es nicht wirklich optimal. Statt einem freundlichen Hallo und einem lockeren Smalltalk, wirft mir die Dame an der Supermarktkasse die Ware regelrecht entgegen und murmelt kaugummikauend den Preis an mir vorbei Richtung Brötchentheke. Währenddessen schiebt mir die geschäftig telefonierende, sehr gestresst wirkende junge Mutter hinter mir, ihren Einkaufswagen mit vorwurfsvollem Blick geradewegs in die Hacken. Dabei die ursprünglich gute Laune nicht zu verlieren erweist sich auch für Geübte mittlerweile als echte Herausforderung.
Ursachenforschung
Irgendwie scheint es ein dunkelgraues Gemisch aus Wut, Unsicherheit und Unzufriedenheit zu sein, das mir da entgegenschwappt. Schon oft hatte ich selbst dieses miese Gefühl festzustecken. Einfach nicht weiterzukommen, oder besser gesagt, den gewünschten Weg nicht weitergehen zu können, weil ständig jemand auf selbigem vor mir herumstand oder -schlich. Dass mich andere oder ich mich selbst davon abhielten das gesetzte Ziel zu erreichen oder meine Wünsche unverzüglich in die Tat umzusetzen. Kurzum, dass ich einfach nicht so leben konnte, wie ich es gerne gewollt hätte, und das machte auf Dauer extrem unzufrieden. Mit der Unzufriedenheit stieg gleichzeitig auch die Wut. Wut auf mich selbst, die ich dann aber der Einfachheit halber gerne auf andere auslagerte und projizierte. Die waren es ja schließlich, die mir da ständig im Weg herumstanden oder -fuhren! Kein Wunder also, wenn einem da mal die Hutschnur riss.
Das Problem: Mit dem Outsourcen der Wut wird meine Laune jedoch in aller Regel kein bisschen besser. Wie sollte sie auch, sind es doch nicht die anderen, auf die ich eigentlich wütend bin. Vielmehr bin ich es selbst. Mit etwas Abstand und Ruhe wird mir das vor allem draußen im Wald meist klarer. Wenn ich es genau betrachte, bin ich dann sauer auf mich, dass ich bestimmte Dinge einfach so mit mir machen lasse. Zwar sind es vielleicht andere, die es „mit mir“ machen, der Punkt ist aber der, dass ich es zulasse. Eventuell weil ich mich nicht traue zu widersprechen, zu feige bin auch mal nein oder stopp zu sagen. Die Gründe können im Einzelfall sehr vielschichtig sein, was aber bleibt, ist die Einsicht, dass ich der Dreh- und Angelpunkt des Negativgefühls bin. Und genau das kann einen schon mal fuchsig machen. Klar, dass man in dieser Situation nicht freudestrahlend durch die Welt geht, sondern eher mit düster Miene den nächsten Baum sucht, an dem man sich schubbern kann.
von Dirk Stegner
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Ein paar derart schlecht gelaunter Menschen kann eine ausgeglichene Gesellschaft sicher locker auffangen, doch wenn einem ständig und überall Wut und Unzufriedenheit entgegenschlagen, neigt man auch selbst leicht dazu, sich dieser deprimiert-pessimistischen Weltsicht anzuschließen. Und das wäre doch schade. Aber was tun? Es reicht einfach nicht aus, sich lediglich die „rosarote Brille“ aufzusetzen und so zu tun als sei man gut gelaunt. Man muss es tatsächlich auch sein! Nur leicht gesagt bei all den täglichen Herausforderungen.
Bei der Gelegenheit kommt mir eine kleine Heldin aus Kindertagen wieder in den Sinn. Eine wahre Verfechterin der guten Laune und des unendlichen Optimismus: Astrid Lindgrens Pipi Langstrumpf. In den Geschichten der schwedischen Kinderbuchautorin gibt es für sie keine schlechte Laune. Keine (erwachsenen) Begrenzungen oder Hindernisse, die die kleine, aber unheimlich starke Pipi je aufhalten könnten. Sie macht sich die Welt, wie sie ihr gefällt, weil sie entscheidet, dass die Dinge so sind, wie sie sie sieht. Und im Anschluss sind sie es auch und das überträgt sich sogar auf die eingangs oft zweifelnden Freunde Tommy und Annika.
Kindlich leichter Ansatz mit Erfolgspotenzial
Zugegeben, ein etwas kindlicher Ansatz, aber einer, von dem wir uns sogar als Erwachsene einiges abschauen können. Denn genau so einfach funktioniert Letztenendes auch unsere menschliche Wahrnehmung. Entscheidend für den eigenen Gefühlszustand ist nicht, wie andere die Situation sehen oder einstufen, sondern lediglich, wie ich diese selbst wahrnehme. Das bedeutet, dass mir eine gezielte Wahrnehmung auch die Möglichkeit bietet stressige, nervende oder angsteinflößende Situationen anders zu empfinden, als andere Menschen dies für gewöhnlich tun. In der bewussten Wahrnehmung liegt also die Zauberkraft der Pipi Langstrumpf, die somit in gewisser Weise auch für Erwachsene täglich nutzbar ist.
Statt sich der nörgelnden unzufriedenen Masse anzuschließen, kann ich für mich selbst wählen, wie ich den Tag erleben will. Möchte ich den Fokus auf die miese Laune lenken und darin den ganzen Tag festhängen oder strebe ich lieber danach, einen sinnerfüllten freudigen Tag zu genießen, der mir am Ende das wohlige Gefühl der Zufriedenheit beschert. Meine Entscheidung!
Eine kleine Übung
Schon vor vielen Jahren habe ich folgende Übung entwickelt, die sich bereits vielfach bewährte. Sie hilft mir im Falle eines Falles immer mal wieder dabei, leichter aus der „Negativspur“ herauszukommen, Wut, Be- und Verurteilung hinter mir zu lassen und mich bewusst dafür zu entscheiden, was ich stattdessen will. Los geht’s:
- Suche Dir ein ruhiges Fleckchen in der Natur.
- Setze Dich entspannt auf einen Baumstumpf oder lehne Dich mit dem Rücken an einen Baum (hervorragend für diese Übung geeignet sind übrigens Eichen).
- Atme mehrere Male tief ein und aus. Stell Dir dabei vor, wie Dein Atem von oben nach unten durch Deinen ganzen Körper in die Erde fließt und dann wieder positiv aufgeladen und frisch zurückkommt.
- Schließe Deine Augen und sage dabei leise oder laut den folgenden Satz: „Liebe Situation, ich bin nicht Dein Richter, aber Dein Schöpfer. Ich muss nicht beurteilen ob Du gut oder schlecht bist, ich muss nur entscheiden, wie ich mich jetzt fühlen möchte.“
- Entscheide Dich, wie Du Dich jetzt fühlen möchtest! Sieh den Wunschzustand vor Deinem geistigen Auge. Atme ruhig und tief weiter und spüre, was geschieht. Nimm Dir bitte so lange Zeit für diese Übung, wie Du brauchst.
- Falls nötig, notiere Dir obigen Satz auf ein Karteikärtchen und nutze ihn auch im Alltag als Mantra in entsprechenden Situationen für die nächsten 3 Wochen.
Viel Erfolg bei der Umsetzung!